Einleitung

Wer es nicht weiß, kann heute kaum noch etwas davon erkennen. Mehr als 60 Jahre Ahrdorfer Eisenbahngeschichte sind fast ganz aus dem Blickfeld und damit auch aus der Erinnerung der Menschen verschwunden.


Als Lok 82 020 am 21.09.1969 mit einem Sonderzug am Bahnhof Ahrdorf (Ahr) Station machte, war das Ende der Bahnstrecken um Ahrdorf längst besiegelt. Heute ist das Bahnhofsgebäude (fast) der einzige Zeuge dessen, was einst mit großen Hoffnungen begann.


Auf diesen Seiten entführe ich Sie in die rund 60 Jahre währende Ahrdorfer Eisenbahngeschichte. Sie erfahren etwas über die Entstehungsgeschichte der Eisenbahnen rund um Ahrdorf, über die Strecken Dümpelfeld - Ahrdorf - Hillesheim - Lissendorf - Jünkerath und Ahrdorf - Blankenheim (Wald), über die Gleisanschlüsse der Eifeler Basaltwerk GmbH und der Basaltwerke Linz AG am Bahnhof Ahrdorf und natürlich über den Bahnhof selbst.


Der Bahnhof Ahrdorf

Mit der Eröffnung der Strecke Dümpelfeld - Lissendorf - Jünkerath (nachfolgend "Ahrstrecke" genannt) am 1. Juli 1912 war der kleine Eifelort Ahrdorf endlich an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Fast 80 Jahre nachdem mit Nürnberg - Fürth die erste Eisenbahnstrecke in Deutschland in Betrieb gegangen war, hatte das damals fortschrittlichste Verkehrsmittel auch die Region an der oberen Ahr erreicht. Der Bahnhof Ahrdorf wurde sogar zu einem kleinen Eisenbahnknotenpunkt, denn am 1. Mai 1913 eröffnete die Königlich-Preußische Eisenbahnverwaltung die Strecke Ahrdorf - Blankenheim (Wald), nachfolgend als "Obere Ahrtalbahn" bezeichnet.


Dass insbesondere die zweigleisige Ahrstrecke aus militärischen Gründen gebaut worden war, kümmerte die Menschen in der Region wenig. Es herrschte eine große Euphorie an der oberen Ahr. Jetzt würde es aufwärts gehen, Industrie würde sich ansiedeln, der Fremdenverkehr würde viele Menschen und damit Geld in die Region bringen und auch die Landwirtschaft würde von den besseren Transportmöglichkeiten profitieren.

Der Bahnhof Ahrdorf liegt rund einen Kilometer vom Ort entfernt. Es heißt vielfach, dass die Planer rein militärisch gedacht und keine Rücksicht auf die weiten Wege der Menschen genommen hätten. Das mag sicherlich hier und da so gewesen sein, aber der Platz für die Anlage des Bahnhofs Ahrdorfs war gut gewählt. Die Funktion als Abzweigbahnhof und die damit verbundene Größe der Gleisanlagen ließen kaum eine andere Lösung zu.


In seiner ursprünglichen Ausführung verfügte der Bahnhof Ahrdorf an seiner breitesten Stelle über fünf parallel verlaufende Gleise. Ein während des 2. Weltkrieges aufgenommenes Foto lässt vermuten, dass noch ein sechstes Gleis dazugebaut worden war. Möglicherweise hat es sich dabei nur um ein Überholgleis gehandelt, das nur temporär vorhanden war. 


Ein Blick auf das Gelände des Bahnhofs Ahrdorf im Mai 1940 gibt einen Eindruck von der Größe der Anlagen.

Im Hintergrund erkennt man auf dem Berg das Basaltwerk Hoffeld, weiter unten das zweigeschossige Stellwerk Ao (Ahrdorf ost). Insgesamt gab es drei Stellwerke: das Fahrdienstleiterstellwerk Af im Bahnhofsgebäude, das bereits erwähnte Stellwerk Ao und in Richtung Blankenheim das eingeschossige Stellwerk Aw (Ahrdorf west).


Der Bahnhof Ahrdorf hatte bezüglich seiner Infrastruktur einiges zu bieten. Eine 260 m lange Verladerampe diente nicht nur dem Güterverkehr. In den Planunterlagen wird sie als "Militärrampe" bezeichnet. Dort konnten die Waggons eines halben Militärzuges gleichzeitig be- oder entladen werden.


Darüber hinaus verfügte der Bahnhof Ahrdorf über zwei Wasserkräne, an denen die Dampflokomotiven das benötigte Kesselspeisewasser entnehmen konnten. Das Wasser kam aus einem Hochbehälter, der oberhalb des Bahnhofs, in der Nähe des heutigen Feriendorfes, angelegt worden war. Er hatte zwei Kammern: eine 30 Kubikmeter fassende Kammer für Trinkwasser und eine 255 Kubikmeter fassende Kammer für das Kesselspeisewasser. Das Trinkwasser kam aus einem 26 m tiefen Brunnen in der Nähe des Ahbaches, lief in ein direkt daneben angelegtes Maschinenhaus und wurde von dort in den Hochbehälter gepumpt. Das Kesselspeisewasser wurde dem Ahbach entnommen. Es lief durch eine Schicht Filterkies in einen Brunnenschacht und wurde dann von dem bereits erwähnten Maschinenhaus ebenfalls in den Hochbehälter gepumpt. Von dort aus lief es mit natürlichem Gefälle über entsprechende Rohrleitungen in die beiden Wasserkräne. Das Trinkwasser lief ebenfalls über Rohrleitungen zu den Versorgungsstellen im Bahnhof, im Lokschuppen und im damaligen Beamtenwohnhaus, das den Nutzern von Navigationsgeräten heute als "Haus Ruland" bekannt ist.


Bei dem Lokschuppen, der auf einer freien Dreiecksfläche zwischen den beiden Strecken Dümpelfeld - Lissendorf und Ahrdorf - Blankenheim (Wald) gebaut worden war, handelte es sich um einen dreiständigen Ringlokschuppen mit vorgelagerter 16-m-Drehscheibe. Diese kleine Lokstation ist auf dem ersten vorliegenden Gleisplan von 1914 noch nicht vorhanden. Sie wurde - wie Ausschreibungsunterlagen belegen - um 1915 gebaut. Mit dem Bau der Lokstation erreichte der Bahnhof Ahrdorf seine maximale Ausdehnung. 


Die Geschichte des Bahnhofs Ahrdorf


Das Schicksal eines Bahnhofs ist natürlich eng mit der Geschichte der Bahnstrecken verbunden, die ihn umgeben. Nur zwei Jahre nach der Eröffnung des Bahnhofs Ahrdorf begann der Erste Weltkrieg und damit eine große Bewährungsprobe für das Eisenbahnnetz in der Eifel. Beim Aufmarsch der deutschen Armee rollten pausenlos Militärzüge über die Gleise des Bahnhofs. Die Soldaten hatten mit Kreide markige Sprüche auf die Waggons geschrieben. Dort hieß es zum Beispiel "Weihnachten sind wir wieder zu Hause!" oder "Auf zum Scheibenschießen nach Paris!". Es sollte anders kommen.


Nach dem Waffenstillstand im November 1918 kamen die zurückflutenden Truppen durch die Eifel, allerdings nicht so geordnet und diszipliniert wie zu Kriegsbeginn. Die harten Bedingungen, die dem Deutschen Reich im Versailler Vertrag diktiert worden waren, hatten starke Auswirkungen auf die Eisenbahn und andere Bereiche des Deutschen Reiches. Güter- und Personenverkehr waren rückläufig.


Ab Mitte der 1920er Jahren ergriff die Deutsche Reichsbahn nach und nach eine Reihe von Rationalisierungsmaßnahmen. So wurden im Personenverkehr die personalintensiven Dampflokomotiven durch Dieseltriebwagen ersetzt und auf manchen Strecken der sogenannte "Vereinfachte Nebenbahndienst" eingeführt. In diesem Zusammenhang waren viele Bahnhöfe nicht mehr mit Eisenbahnern besetzt, sondern nur noch mitsogenannten Agenten. Das waren Privatleute, die im Auftrag der Reichsbahn stundenweise Fahrkarten verkaufen und andere einfache Tätigkeiten ausführen sollten.


Der Bahnhof Ahrdorf war von den Rationalisierungsmaßnahmen natürlich auch betroffen, als Abzweigbahnhof blieb er aber die ganze Zeit mit Eisenbahnern besetzt. 


Als es langsam aufwärts zu gehen schien, kam es 1929 zum "Schwarzen Freitag". Ein Börsencrash in New York löste eine Weltwirtschaftskrise aus, die die wirtschaftliche Erholung erstickte und zu hoher Arbeitslosigkeit führte. Ein idealer Nährboden für den Nationalsozialismus, die am 30. Januar 1933 die Macht in Deutschland erlangten. Zu diesem Zeitpunkt hatten über 25 Prozent aller Erwerbstätigen offiziell keine Arbeit, bei männlichen Industriearbeitern lag die Quote sogar deutlich höher.


Die Nationalsozialisten legten staatliche Programme auf. Wohnungsbauprogramme, Straßenbau (die berühmten Autobahnen) und andere Programme mit martialischen Namen wie "Erzeugungsschlacht" (zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion) ließen die Arbeitslosigkeit sinken.

Es ging wieder aufwärts in Deutschland. So empfanden das jedenfalls die meisten Menschen. Indessen begann der "Führer" mit der Wiederaufrüstung Deutschlands, allen internationalen Abkommen zum Trotz. Der Vereinfachte Nebenbahndienst wurde wieder rückgängig gemacht, die Bahnhöfe wieder besetzt. Man brauchte eine gut funktionierende Eisenbahn für die großen Pläne, die dem Ziel dienten, "Lebensraum im Osten" zu erobern und sich an Frankreich für die "Schmach von Versailles" zu rächen.


Am 1. September 1939 war es soweit. Polen war das erste Opfer. Es folgten unter anderem Belgien, die Niederlande und Frankreich. Wieder rollten lange Nachschubzüge über die Gleise der Ahrdorfer Strecken. An den Bahnsteigen spielten sich wieder zahlreiche Abschiedsszenen ab.

Bald jedoch kamen die ersten Züge an, die Verwundete und Tote zurück in die Heimat brachten. Auch der Krieg kam näher. Die ersten Bomben fielen auf Ahrdorf und auf umliegendes Bahngelände. Als der Krieg am 8. Mai 1945 in Europa zu Ende ging, lag das Land in Trümmern und auch den kleinen Ort Ahrdorf hatte es in furchtbarer Weise getroffen. Die Ereignisse des 11. September 1944 und des 25.12.1944 haben den Ort tief geprägt. Am Bahnhof regierte zunächst das Chaos. Es wurde geplündert und mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. So ist das, wenn die alte Ordnung zusammenbricht und die neue Ordnung noch nicht fest im Sattel sitzt.


Die beiden den Bahnhof berührenden Strecken waren zerstört und nur langsam und Stück für Stück wurde alles wieder instandgesetzt. Die Besatzungsmächte verlangten zudem, dass die Strecke Dümpelfeld - Lissendorf auf ein Gleis zurückgebaut wurde. Es war eine trostlose Zeit.


In den 1950er Jahren ging es zwar wirtschaftlich wieder aufwärts, aber die große Zeit der Eisenbahn war vorbei. Der Individualverkehr mit PKW und LKW lief der Bahn zunehmend den Rang ab. Die Strecke Ahrdorf - Blankenheim (Wald) wurde 1961 stillgelegt, die Strecke Dümpelfeld - Lissendorf im Jahre 1973. Damit endete die Geschichte der Eisenbahn in Ahrdorf.


Der Bahnhof wird berühmt


Die Geschichte des Bahnhofs war mit der Einstellung des Eisenbahnbetriebs aber noch nicht zu Ende. Die Deutsche Bundesbahn verkaufte das Empfangsgebäude an Privatleute, die daraus ein Gästehaus machten, in dem Ferienfreizeiten, Seminare und Tagungen stattfinden konnten. Anfang der 1980er Jahre nutzte die 1976 gegründete und aufstrebende, aber dennoch relativ unbekannte Kölner Gruppe BAP den abgelegenen Bahnhof, um Musikstücke zu komponieren und zu proben. Während wir - ich war damals 17 Jahre alt - bis dahin mit englischsprachiger Musik aufgewachsen waren (die Volksmusik, die unsere Eltern hörten, war nicht unser Ding), gab es auf einmal Rockmusik in kölscher Mundart, einer Sprache, die unserem "Platt" sehr ähnlich ist. Genial.


Für uns als Dorfjugend war das Ganze natürlich ein Erlebnis. Mit Fahrrad oder Mofa fuhren wir zum Bahnhof, um zuzuschauen und zuzuhören.

Die Gruppe um ihren Frontmann Wolfgang Niedecken arbeitete an ihrem vierten Album und das sollte auch dem Bahnhof Ahrdorf zu einer gewissen Bekanntheit verhelfen. Wolfgang Niedecken schreibt dazu im Booklet zu dem Album:


"Vun drusse un drinne" sollte die Platte ursprünglich heißen und das Cover sollte den Raum von innen und außen zeigen, in dem die BAP-Angelegenheiten irgendwann zwischen 73 und 76 das Licht der Welt erblickt hatten. Unmengen Polaroide haben wir verschossen, Situationen aus Schmal's (Anmerkung: Schmal war der Spitzname für Bandmitglied Manfred Boecker) und meiner Erinnerung rekonstruiert und dann hatte der Co-Duck (= Leib und Magen, Haus-Fotograf, LKW-Fahrer, Lichtspezialist, giftigster Roadie der Welt, alles in Personalunion!) auch bald schon die vermeintlich endgültigen Cover-Photos im Kasten. Abgezogen, geprüft und für nicht gut befunden. Daß es dermaßen selbst-beweihräuchernd und nostalgisch wirken könnte, war uns vorher nicht klar gewesen. 


Nur den Titel wollten wir jetzt noch beibehalten und während der Proben zur LP in der Güterhalle des stillgelegten Ahrdorfer Bahnhofs fiel's uns dann wie Schuppen von den Augen. Hier drin machen wir die ansatzweise vorhandenen Stücke zu dem, was schließlich nach draußen, nämlich auf Tournee, Urlaub, Karnevalsflucht und drinnen am Küchentisch oder am Kassetten-Recorder entstanden sind, die Stücke, die von vornherein für die Öffentlichkeit bestimmt waren und die, die eigentlich keinen was angehen.


Der letzte Satz ist irgendwie etwas komisch formuliert, aber Sie wissen schon, was gemeint ist. Jedenfalls entstand so der Titel "Von drinne noh drusse" und das Cover mit dem beleuchteten Ahrdorfer Güterschuppen. Das Album erschien 1982 bei EMI Electrola und war neun Wochen auf Platz 1 der deutschen Albumcharts. Es ist mit etwa einer Million verkauften Tonträgern das erfolgreichste Album der Band.


Das ist lange her und mittlerweile ist der Bahnhof wieder in neuen Händen. Wer mehr dazu wissen will, kann sich auf der Seite http://www.bahnhofahrdorf.de/ informieren.


Der Gleisanschluss der Eifeler Basaltwerk GmbH

Diese Ruinen waren lange ein Rätsel, denn Zeitzeugen, die diese Anlage im Betrieb erlebt haben, gibt es schon lange nicht mehr. Manche vermuteten eine militärische Anlage aus dem Zweiten Weltkrieg hinter den Betonresten. Ein älterer Herr, mit dem ich vor vielen Jahren ins Gespräch kam, meinte, er hätte mal etwas von einer Seilbahn gehört, die es dort gegeben hätte. Eine Seilbahn? Ich hatte große Zweifel, ob das stimmte. Zu welchem Zweck sollte an dieser Stelle eine Seilbahn gewesen sein? Auf dem Gleisplan der Deutschen Reichsbahn von 1937 war von den Ruinen nichts zu sehen. Die Anlage musste also entweder später entstanden sein oder aber viel früher und zum Zeitpunkt 1937 schon längst außer Betrieb.


Des Rätsels Lösung kam so um das Jahr 2015. Das Eisenbahnmuseum Jünkerath hatte einen Neuzugang zu verzeichnen, der es in sich hatte: einen Gleisplan von Januar 1914. Dort war an der Stelle, an der heute die Ruinen stehen, ein Gebäudeensemble auszumachen, das aus einem Maschinenhaus, einer Schmiede, einem Steinbrechwerk und einem Abort bestand. Aus dem Gebäude führte eine Seilbahn in südwestliche Richtung über die Fläche, auf der im Gleisplan von 1937 der Lokschuppen zu sehen ist. Wo diese Seilbahn endete, war aus dem Plan nicht ersichtlich. Vor dem Gebäudekomplex waren Gleisanlagen zu sehen, die man mit "Anschluss der Firma Schwarz, Niederprüm" bezeichnet hatte.


Es hatte also tatsächlich einmal eine Seilbahn gegeben, die offenbar Gestein aus einem bis dahin noch nicht bekannten Steinbruch heranschaffte, das hier gebrochen und über eine Sturzbühne verladen wurde. Um die Gleise der Strecken Ahrdorf - Blankenheim (Wald) und Dümpelfeld - Lissendorf vor herabfallendem Gestein zu bewahren, hatte man Schutzbrücken gebaut.   


Die Forschung ging weiter. Über das Internet bekam ich heraus, dass es in einem Archiv in Freiburg einen Plan der Anlage gab. Den musste ich natürlich haben und die Kosten dafür nahm ich gerne in Kauf. Als der Plan ankam, war ich etwas enttäuscht, denn es war nur das zu sehen, was ich bereits aus dem Gleisplan der Eisenbahn von 1914 kannte. Eher noch weniger, denn es fehlten ein paar Details, die in dem "Eisenbahn-Plan" enthalten waren. Gerade deshalb eignet sich der Plan allerdings besser für die Darstellung der Anlage. Zudem sind die relevanten Dinge des Anschlusses auch farblich eingetragen.


Überschrieben ist das auf den 4. Mai 1912 datierte Dokument mit "Lageplan betr. Erbauung einer Drahtseilbahn nebst Bahnanschluss für den Basaltbruch von Heinr. Schwarz in Niederprüm."

Man sieht oben in blau (zwischen den Wörtern "Bahnhof" und "Ahrdorf") die beiden Gleise der Strecke Dümpelfeld - Lissendorf. Auf dieser Trasse verläuft heute die Straße von Ahrdorf nach Ahütte. In rot ist das im Eisenbahnerjargon "Ausziehgleis" genannte Gleis gezeichnet, das an die Verladerampe führte. Es wurde beispielsweise genutzt, um lange Züge an der Verladerampe vorbeiführen und be- oder entladen zu können. Mit grünen Linien sind die Anlagen des Gleisanschlusses eingezeichnet, außerdem die Entladestation und der Verlauf der Seilbahn. Die Linie oberhalb des Ausziehgleises führt in den Ahrdorfer Tunnel, gehört also zur Strecke Ahrdorf - Blankenheim (Wald).


Nun war jedenfalls klar, dass es sich um eine Anlage zur Verarbeitung von Basalt gehandelt hat und dass die Anlage sehr früh gebaut worden war. Zum Zeitpunkt der Antragstellung stand die Strecke Dümpelfeld - Lissendorf kurz vor der Vollendung und an der Strecke Ahrdorf - Blankenheim (Wald) waren die Arbeiten noch in vollem Gange.


Die nachfolgende Zeichnung ist ein Ausschnitt aus dem Gleisplan von 1914. Er zeigt weitere Details der Anlage.

Man erkennt die Beschriftungen "Maschinenhaus", "Steinbrecher", "Schmiede", "Abort" und kann auch die Seilbahn, die Schutzbrücken und die Sturzbühne erkennen, über die der Basaltschotter in die Waggons verladen wurde. Vom Steinbrecher führt ein Feldbahngleis mit 0,60 m Spurweite an die Sturzbühne. Die Feldbahnloren wurden per Hand dorthin geschoben und konnten über einfache Weichenverbindungen entlang der Sturzbühne rangiert werden. Unmittelbar vor der Sturzbühne befand sich - ebenfalls zu Rangierzwecken - eine kleine Drehscheibe und ein querliegendes Gleisstück.


Eine Sturzbühne setzt voraus, dass sie höher liegt, als die Gleise der Waggons, in die verladen werden soll. Möglicherweise haben die Steinsäulen, die heute noch stehen, einmal diese Sturzbühne getragen.


Doch wo lag der Steinbruch? Wo war der Beginn der Seilbahn? Einen Ansatz lieferte eine Luftaufnahme aus dem Jahre 1962. Wenn man die im Plan eingezeichneten Linien verlängerte und auf die Luftaufnahme übertrug, gelangte man zu einer Stelle, die aus dem Waldgebiet, das dort zu sehen war, hervorstach. Das musste der Steinbruch gewesen sein!


Ein Besuch vor Ort brachte die Gewissheit. Der Steinbruch war gefunden und jetzt konnte man den kompletten Verlauf der Anlage nachvollziehen.

Die Seilbahn war also rund einen Kilometer lang. Am Ort des Steinbruchs kann man sogar noch steinerne Reste erkennen, die wohl einmal als Basis für die Stützen der Seilbahn dienten. Fotos der Anlage oder der Seilbahn gibt es leider nicht. Einen Anhaltspunkt, wie die Seilbahn ausgesehen haben könnte, bietet eine Postkarte aus dem nur wenige Kilometer entfernten Walsdorf. Sie zeigt unter anderem die Seilbahn mit Hängeloren, die vom Steinbruch am Goßberg zum Bahnhof Walsdorf führte. Der Unternehmer, der diese Seilbahn gebaut hatte, war übrigens derselbe Heinrich Schwartz aus Niederprüm, der auch die Anlage in Ahrdorf errichtete.  

Nachdem nun bereits einiges herausgefunden werden konnte, stellten sich weitere Fragen. Wann startete der Betrieb, wann endete er und warum war das Unternehmen offenbar nicht von Dauer?


Auch diese Fragen konnten dank Zeitungsarchiven und dank eines Artikels in der Heimatzeitschrift "Prümer Landbote" weitgehend beantwortet werden. 

Im Zeitungsarchiv fand sich eine Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts Prüm vom 22. April 1913:


Darin wird die Eintragung der Firma "Eifeler Basaltwerk", Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in Niederprüm bestätigt. Gegenstand des Unternehmens ist die Pachtung und der Erwerb von Steinbrüchen und die Verwendung ihrer Produkte.


Desweiteren steht dort, dass die Gesellschafter folgende Gegenstände in das Unternehmen einbringen:

  • den im Distrikt Kuppenberg, Bahn Ahütte, gelegenen, von Fasen gepachteten Basaltbruch,
  • die in diesem Bruch nach dem Bahnhof Ahrdorf führende Drahtseilbahn mit Überführungen und sonstigem Zubehör,
  • das Anschlussgleis am Bahnhof Ahrdorf und 
  • das Schotterwerk

Ein weiterer Eintrag im Handelsregister findet sich unter dem Datum vom 3. März 1915. Dort heißt es:


"In das Handelsregister Abt. B Nr. 2 ist heute bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma "Eifeler Basaltwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Niederprüm" eingetragen worden:


Durch Beschluß der Gesellschafter vom 24. Februar 1915 ist die Gesellschaft aufgelöst. Der Lederfabrikant Moritz Schwartz zu Prüm ist zum Liquidator bestellt."


Das bedeutet, dass die Firma noch keine zwei Jahre bestanden hat. Das war der Grund, warum die Anlage im Gleisplan von 1937 nicht mehr aufgetaucht ist und warum sich kein Zeitzeuge mehr daran erinnern konnte.


Doch was war der Grund für die kurze Lebensdauer des Betriebes?


Die Erklärung, die man in der Heimatzeitschrift "Prümer Landbote" findet, bietet Stoff für einen Kriminalroman:


„1904 übernahm der bis dahin mit einem Fünftel bei der Fa. Itschert beteiligte Herr Heinrich Schwartz die Ziegelei. Herr Schwartz war auch Besitzer des Kalkwerkes Büdesheim, der Lavagruben bei Daun (Anm.: das könnte Walsdorf gewesen sein), eines Steinbruches an der Ahr (Anm.: das könnte der Ahrdorfer Bruch gewesen sein) und Eigentümer des Klosters Niederprüm mit dem daneben gelegenen Sägewerk. 


Vom Steinbruch an der Ahr gingen seinerzeit größere Lieferungen nach Belgien. Es wird vermutet, dass bei Ausbruch des 1. Weltkrieges Herr Schwartz deshalb kurz vor Kriegsbeginn nach Belgien fuhr. Er und sein Fahrer, Herr Simon Schmitz, sind von dieser Fahrt nicht zurückgekehrt und gelten heute noch als verschollen.“


Die Angehörigen von Heinrich Schwartz konnten oder wollten die Firma nicht weiterführen. In den Verzeichnissen der Königlich Preußischen Eisenbahn erscheint der Gleisanschluss noch bis 1917 als Abstellmöglichkeit für leere Waggons. Dann verliert sich die Spur endgültig. 


Ein paar Rätsel gibt es noch und es wäre natürlich wünschenswert, wenn Fotos der Anlage oder Pläne der Gebäude auftauchen würden. Wer weiß? Vielleicht gelingt auch das eines Tages. 


Der Gleisanschluss der Basaltwerke Linz AG

Der zweite Gleisanschluss am Bahnhof Ahrdorf lag ganz am anderen Ende, in Richtung Müsch. Hier wurde Basalt aus den beiden auf Hoffelder Gebiet liegenden Basaltbrüchen "Burg" und "Düngerley" verladen.


Die planmäßige Nutzung der beiden Brüche geht bis ins Jahr 1850 zurück. In der ersten Zeit erfolgte der Verkauf des Basalts nur sehr dosiert und unter strenger Kontrolle der Gemeinde Hoffeld, die sehr darauf achtete, dass kein Raubbau betrieben wurde und dass das Dorf möglichst lange möglichst Profit erzielen konnte. Das Problem der kommerziellen Nutzung der Hoffelder Brüche waren allerdings die schwierigen Transportverhältnisse, die in der Eifel herrschten. Ein wirtschaftlicher Abbau und Transport des Basalts war nur für die Nutzung in der näheren Umgebung möglich.


Der Gemeinderat von Hoffeld erkannte schon früh die Bedeutung der Eisenbahn für die Basaltwirtschaft und beschloss in den Jahren 1888 und 1889, eine Weiterführung der Strecke Remagen - Adenau finanziell und durch kostenlose Abgabe von Grund und Boden zu unterstützen, wenn ein Bahnhof in der Nähe der Steinbrüche gebaut würde. 1900 stellte die Gemeinde schließlich 750 Mark für die Vorarbeiten zum Bau der Strecke Dümpelfeld - Jünkerath bereit. Für den Abbau des Basalts im großen Stil suchte die Gemeinde Hoffeld einen leistungsfähigen Pächter.


Seit 1906 zeigte die Basalt-Aktiengesellschaft Linz (BAG) Interesse, die Gemeinde wollte jedoch zunächst die Fertigstellung der Eisenbahn abwarten und so wurden erst 1912 konkrete Verhandlungen aufgenommen. Am 1. Januar 1913 schloss man dann den Vertrag mit der BAG, zunächst nur für den Bruch „Düngerlay“, später aber für das gesamte Basaltvorkommen. Die nun fertige Eisenbahnlinie Dümpelfeld - Lissendorf - Jünkerath schuf die Möglichkeit, größere Mengen auch in weiter entfernte Gebiete zu transportieren. Auch die Firma Eifeler Basaltwerk GmbH, die einen Gleisanschluss auf der Westseite des Bahnhofs Ahrdorf baute, hatte mitgeboten, war aber unterlegen.


Im April 1913 nahm die BAG den Betrieb an der Düngerlay auf, der zunächst nur stockend anlief. Eine der wichtigsten Aufgaben bestand darin, die Abbaustellen in den Brüchen durch Feldbahngleise mit der geplanten Verladestelle an der neuen Bahnlinie zu verbinden, was nicht leicht war, lagen die Brüche doch abseits und weit oberhalb der Verladestelle. Der Verkehr auf dem betriebseigenen Schienennetz wurde zunächst fast ganz mit Muskelkraft bewältigt. Die Arbeiter drückten die Loren aus den Brüchen. War das geschafft, koppelte man mehrere Wagen zusammen, die dann mit Hilfe von Pferden, Ochsen oder mittels natürlichem Gefälle, von Bremsern bedient, zu den Verladestellen rollten. Nach der Verladung brachten Fuhrunternehmer die leeren Wagen wieder bergauf zu den Brüchen.


Obwohl der Anschluss an die Verladestelle noch nicht fertig war, verschickte man ab 1912 in zunehmendem Maße Basaltsäulen für Uferböschungen, Deich- und Dammbauten usw. per Bahn an den Rhein und von dort oft per Schiff bis nach Nordfriesland oder in die Niederlande. Bei der Erschließung der Brüche fiel anfangs, bevor man an die hochwertigen Basaltsäulen herankam, weniger wertvolles Basaltmaterial an, das zu Kleinschlag verarbeitet wurde.


1915 konnte endlich der Anschluss an die Eisenbahn fertig gestellt werden. Der Transport vom Bruch bis zum Waggon war denkbar einfach und effizient. Die bereits erwähnte Feldbahn, die schon bald mit Lokomotiven betrieben wurde, transportierte die Steine auf dem Werksgelände, wo sie zu verschiedenen Zwecken verarbeitet wurden. Das fertige Gestein beförderte man mit den Loren der Feldbahn weiter. Ein etwa 300 m langer Bremsberg verband das auf der Höhe gelegene Werksgelände mit dem Gleisanschluss unten im Ahrdorfer Tal. Der Betrieb dieser Anlage bedurfte keiner Energie, denn die zu Tal rollenden beladenen Loren zogen an einem Stahlseil die entleerten Wagen wieder in Richtung Werk hinauf.

Um eine zu schnelle Talfahrt zu verhindern, wurden die Loren manuell abgebremst. Am Schienenanschluss angekommen, luden Arbeiter die Basaltsteine über eine Verladerampe aus den Loren in herkömmliche Eisenbahnwaggons um. In eine Lore passten ca. 40 Zentner Steine.

In der Folge nahm der Betrieb einen großen Aufschwung und vergrößerte sich zusehends. Vor dem zweiten Weltkrieg erreichte die Belegschaft mit über hundert Arbeitern ihren höchsten Stand. Leider war während des Kriegens der Betrieb mit seinen Anlagen auch von Bomben getroffen worden, wobei u.a. der Brecher schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Nach dem Kriege musste unter größten Schwierigkeiten umgebaut werden. Trotzdem erholte sich der Betrieb wieder, wie man aus der hohen Zahl der Beschäftigen ableiten kann, unter denen auch viele Arbeiter waren.

Mit dem 31.12.1984 endete der Basaltabbau in den Hoffelder Brüchen. Der Betrieb wurde aufgegeben, da das Basaltvorkommen ausgeschöpft war.


1985 wurde das Betriebsgelände an Fa. Siegfried Müller für 30 Jahre verpachtet. Firma Müller wollte das Basaltwerk nutzen, um dort Basalt aus anderen Brüchen zu verarbeiten. Dies stellte sich jedoch als unwirtschaftlich heraus. Im Jahre 1988 wurde das Basaltwerk schließlich abgerissen. Ursprünglich sollte das Betriebsgelände rekultiviert werden. Dies geschah jedoch nicht, worüber man mittlerweile auch sehr froh ist, denn heute bietet das Gelände eine Heimat für viele Pflanzen- und Tierarten, die sonst kaum noch Lebensraum finden.


Wie lange der Gleisanschluss in Betrieb war, ist nicht bekannt. Der Transport des Gesteins erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend mit Lastkraftwagen. Auf Fotos, die bei der Einstellung der Strecke Dümpelfeld - Lissendorf - Jünkerath im Jahre 1973 gemacht wurden, sieht der Bremsberg bereits ziemlich zugewachsen aus.


Heute führt der Fahrradweg von Ahrdorf nach Müsch unmittelbar an der Stelle vorbei, wo über Jahrzehnte Basalt auf Eisenbahnwaggons verladen und wegtransportiert wurden. Vom Gleisanschluss sieht man allerdings nichts mehr. Die Anlagen wurden zurückgebaut und die Natur hat das Gelände nach und nach wieder zurückerobert.


Abschließend noch ein Plan, der die Anlagen des Gleisanschlusses darstellt.